Ob im Spital, beim Spezialisten oder bei der Hausärztin: Bei einem Arztgespräch fühlen wir uns oft verunsichert und vergessen, was wir eigentlich fragen wollten. Dabei wollten wir doch so viel wissen über die bevorstehende Untersuchung, ein Medikament oder die Diagnose.
Warum ist das so? «Als Patient gebe ich ein Stück weit meine Unabhängigkeit auf», sagt Prof. Jens Eckstein, Leitender Arzt am Universitätsspital Basel. «Es werden ja oft sehr persönliche Fragen gestellt und beantwortet. Zudem hat mein Arzt oder meine Ärztin Informationen über mich, deren ich mir selbst nicht bewusst bin, weil sie Zugang zu Untersuchungsergebnissen haben oder Auffälligkeiten schon an meinem Äusseren erkennen. Am Ende kennen sie mich vielleicht besser als ich mich selbst.» Wenn er hin und wieder in die Patientenrolle schlüpfe, könne er diese Verunsicherung gut nachfühlen, so Eckstein.
«Als Patient gebe ich ein Stück weit meine Unabhängigkeit auf», sagt Prof. Jens Eckstein, Leitender Arzt am Universitätsspital Basel.
Ungehemmt beim Arzt nachfragen
Aktuelle Patientenbefragungen zeigen, dass die Redezeit beim Arztbesuch meist ungleich verteilt ist: Während 80 Prozent der Zeit spricht der Arzt. Was bleibt, sind häufig ungeklärte Fragen.
«Oft reden wir Mediziner viel, schnell und komplex», gibt Jens Eckstein zu. «Und dann sind da noch die medizinischen Fachbegriffe, die Laien nicht kennen.» Einer der wichtigsten Sätze, die man als Patientin oder Patient sagen könne, laute deshalb: «Das verstehe ich jetzt nicht.» Das traue man sich jedoch selten, weil man sich keine Blösse geben möchte. Aber es zeige ja eigentlich nur, dass es nicht gut genug erklärt wurde. «Fragen Sie unbedingt nach! Oder wiederholen Sie das Gesagte mit eigenen Worten.» Wenn man ganz unsicher ist, empfiehlt er, eine Vertrauensperson in die Sprechstunde mitzubringen.
Einer der wichtigsten Sätze, die man als Patientin oder Patient sagen könne, laute deshalb: «Das verstehe ich jetzt nicht.»
Fragen vom Arzt offen beantworten
Als Arzt versucht Jens Eckstein, eine entspannte, vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Dabei spielt für eine Kommunikation auf Augenhöhe bereits die Anordnung der Stühle eine Rolle. Wichtig sei ihm auch, zu vermitteln, dass kein Zeitdruck bestehe. So eröffnet er das Gespräch mit einer offenen Frage: «Was kann ich für Sie tun?» Und rät: «Erzählen Sie dann ruhig frei von der Leber weg, was Ihnen Sorgen macht.» Was er in den ersten Minuten höre, auch zur Persönlichkeit und den Lebensumständen der Person, sei meist relevant für die Diagnose und Planung der Therapie. Und mit einer geschlossenen Frage zu Beginn wie «Ihnen tut also die Schulter weh?» würde er viele Informationen nicht erhalten.
Hilft Dr. Google bei der Diagnose?
Was hält Jens Eckstein von Patientinnen oder Patienten, die «Dr. Google» oder eine «Symptom-Checker-App» konsultiert haben? «Das finde ich spannend», antwortet er. Das Dümmste, was man als Fachperson machen könne, sei eine solche Vorbereitung zu ignorieren. «Wenn ich den Menschen, der vor mir sitzt, nicht ernst nehme, wird es mir auch nicht gelingen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.»
«Wenn ich den Menschen, der vor mir sitzt, nicht ernst nehme, wird es mir auch nicht gelingen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.»
Sich vorbereiten mit einem digitalen Spickzettel
Ohnehin empfiehlt der Arzt, sich auf das Arztgespräch vorzubereiten und zu überlegen, was einem wichtig ist – und eine Checkliste mit den eigenen Fragen zu erstellen. Genau dazu hat er am Universitätsspital Basel von der Firma Meeting Kitchen den Prototypen einer Web-Applikation entwickeln lassen und ihn anschliessend getestet: Die Patientinnen und Patienten konnten dabei vom Spitalbett aus über ein Tablet Fragen zum Behandlungsablauf formulieren und vorab für das Behandlungsteam hinterlegen. «Bei der Morgenvisite wissen wir dann bereits, was den Patienten bewegt und können gezielt auf seine Fragen eingehen. Und nichts geht vergessen.»
Aufgrund der guten Erfahrungen am Universitätsspital Basel hat die KPT die Meeting Kitchen GmbH beauftragt, eine neue, in ihren Funktionen wesentlich erweiterte Version dieser Applikation zu entwickeln: den Online-Service EverAsk. Zeitunabhängig lassen sich darin Fragen für den bevorstehenden Besuch in der Praxis oder im Spital eingeben. «Das ist eine praktische Gedächtnisstütze», findet Jens Eckstein, «und eine sehr gute Grundlage für ein Arzt-Patienten-Gespräch, das beide Seiten zufriedenstellt. Vor allem aber trägt eine gelungene Kommunikation zu einer effizienten Diagnostik und Therapie bei, die den Patientinnen und Patienten weitere Untersuchungen, Aufwand und offene Fragen ersparen.»
Das Arztgespräch wirksam mitgestalten
Medizinische Beratungen sind oft komplex und emotional. Unser neuer Online-Service EverAsk hilft Ihnen, das Arztgespräch mitzugestalten: Sie können damit eine Checkliste vorbereiten und als Patient oder Patientin gezielt Fragen stellen. Das wirkt sich positiv auf die Qualität und Effizienz der Behandlung aus: Sie werden die Diagnose und den Therapieplan besser verstehen – und verlassen das Behandlungszimmer mit einem guten Gefühl.