Was ist Waldbaden?

Beim «Waldbaden» geht es um das bewusste Eintauchen in die einzigartige Atmosphäre des Waldes – und das mit all unseren Sinnen. «Ziel ist es, zu entspannen, den Fokus wechseln und mehr Wohlbefinden mit nach Hause zu nehmen», sagt Achtsamkeitstherapeutin Sonja Grossenbacher, die zum Waldbaden, das ursprünglich als «Shinrin yoku» aus Japan kommt, Kurse anbietet. Es ist kein Wandern und kein sportlicher Spaziergang – Studien zeigen aber, dass Waldbaden sich ausgesprochen positiv auf die Gesundheit und Psyche auswirkt. 

Was macht man beim Waldbaden?

Das Wichtigste vorweg: 

  • Nehmen Sie sich genügend Zeit. 
  • Suchen Sie ein flaches, nicht zu dicht bewachsenes Waldstück aus, wo Sie sich wohlfühlen und wo nicht viele Menschen unterwegs sind. 
  • Falls Sie nicht allein gehen, vereinbaren Sie mit Ihrer Begleitung bewusst Redepausen. 
  • Schlendern Sie langsam durch den Wald. Nehmen Sie ihn mit all seiner Lebendigkeit, mit Geräuschen, Farben und Düften in sich auf. Halten Sie immer wieder inne – und aktivieren Sie Ihre Sinne. 

Waldbaden-Übungen zum Ausprobieren

Nehmen Sie sich für jede Übung möglichst 10 Minuten Zeit

  1. Augen schliessen und lauschen

    Setzen Sie sich auf einen Stein oder Baumstumpf und lauschen Sie mit geschlossenen Augen in die Natur hinaus. Vielleicht hören das Rauschen der Blätter? Das Knarzen von Ästen? Pocht vielleicht ein Specht?  

  2. Mit den Füssen fühlen

    Wagen Sie bei einem geeigneten Waldstück einige Schritte barfuss. Wie fühlt sich Moos an? Vielleicht möchten Sie noch ausprobieren, auf einem Baumstamm zu balancieren oder ob die Tannennadeln auf dem Boden piksen?  

  3. Die Finger wandern lassen

    Lassen Sie Ihre Finger auf Erkundungstour gehen. Ist die Rinde eines Baumes glatter als die eines anderen? Wie fühlen sich die Blätter an? Ertasten Sie Fichtenzapfen, Kastanien oder Eicheln. Schliessen Sie dabei die Augen.  

  4. Den Duft des Waldes einsaugen

    In der Waldluft schwirren ätherische Öle verschiedenster Art herum: Atmen Sie tief ein und gönnen Sie Ihrer Nase ein Duftbad! Riecht es nach Pilzen? Zerreiben Sie junge Triebe von Nadelbäumen zwischen den Fingern: Duftet das nicht herrlich? 

  5. Mal richtig hinschauen

    Welche Bäume wachsen im Wald? Sehen sie alt oder jung aus? Auf welcher Seite wächst Moos am Stamm? Bei gefällten Bäumen: Schauen Sie die Jahresringe genau an. Was hat der Baum wohl erlebt, was könnte er erzählen?  

  6. Waldtattoo legen

    Legen Sie mit Tannennadeln, Blüten oder Eichelschalen ein Mandala. Entweder auf der Haut (hält besonders gut nach dem Sonnencreme-Auftragen) – oder mit grösseren Fundstücken auf dem Waldboden. Macht auch Kindern Spass!  

Audio-Reportage mit einer Achtsamkeitstherapeutin

Die KPT-Mitarbeiterin Natalie Portmann hat Waldbaden zusammen mit der Achtsamkeitstherapeutin Sonja Grossenbacher im Berner Häutligen-Wald in der Nähe von Konolfingen ausprobiert – und war am Schluss ein bisschen überrascht.

Die Achtsamkeitstherapeutin Sonja Grossenbacher bietet unter anderem Waldbade-Touren, Workshops und Kurse an.

Wie oft und wie lange sollte man Waldbaden?

Um einen nachweisbaren positiven Effekt auf die Gesundheit zu erzielen, ist ein regelmässiger Aufenthalt im Wald empfehlenswert. Neueste Studien zeigen: Zwei Stunden oder mehr pro Woche in der Natur zu verbringen, wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus, sei es im Wald, im Park oder in den Bergen, Die Achtsamkeitstherapeutin Sonja Grossenbacher hält es für ideal, etwa dreimal pro Woche ein bis zwei Stunden im Wald zu verbringen.

Welche Jahreszeiten eignen sich für das Waldbaden?

Jede Jahreszeit bietet einzigartige Erlebnisse und trägt zur Gesundheit bei.

Positive Effekte im Frühling, Sommer und Herbst:

  • Die Waldluft ist reich an ätherischen Ölen.
  • Diese enthalten Terpene, die beim Einatmen unser Immunsystem stärken.
  • Sie fördern die Vermehrung von Killerzellen im Blut, die schädliche Zellen bekämpfen.

Im Winter braucht es vielleicht etwas mehr Überwindung. «Wenn man den inneren Schweinehund überwunden hat, ist es aber wunderschön», sagt Sonja Grossenbacher. Vor allem weil es in der kalten Jahreszeit im Wald meist besonders ruhig ist.

Shinrin Yoku kommt aus Japan

Ursprünglich kommt das Waldbaden aus Japan, dessen Fläche zu fast 70 Prozent aus Wald besteht. Dort heisst es «Shinrin Yoku». Seit 1982 wird es vom staatlichen Gesundheitswesen gefördert und heute sogar ärztlich verordnet.

Die physiologischen Wirkungen des Waldbadens wurden in vielen wissenschaftlichen Experimenten untersucht. So konnte nachgewiesen werden, dass der Aufenthalt im Wald einen starken positiven Einfluss auf das menschliche Immunsystem hat und Stress sowie Burnout entgegenwirkt. 2012 wurde ein eigener medizinischer Forschungszweig gegründet: forest medicine.

Warum ist Waldbaden so gesund?

In Japan wurden zahlreiche Studien zur positiven Heilwirkung des Waldes veröffentlicht. Mittlerweile forschen auch andere Länder dazu. Zum Beispiel Deutschland, Schweden, USA oder Neuseeland.

Nachgewiesene Gesundheitsvorteile des Waldbadens:

  • Stärkung des Immunsystems: Erhöhung der Anzahl der natürlichen Killerzellen, die bei der Bekämpfung von Infektionen und Krebs helfen. Terpene, Botenstoffe der Bäume, werden als mögliche Ursache vermutet.
  • Verbesserung der Herzgesundheit: Senkung von Blutdruck und Herzfrequenz, was positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System hat.
  • Schnellere Genesung: Patienten erholen sich schneller und benötigen weniger Schmerzmittel, wenn sie nach einer Operation viel Zeit in der Natur verbringen.

Was macht der Wald mit der Psyche?

  • Stressreduktion: Signifikante Senkung des Stresshormons Cortisol signifikant und Verbesserung der Stimmung.
  • Förderung der mentalen Gesundheit: Linderung von Depressionssymptomen und Angstzuständen.
  • Kognitive Vorteile: Der Aufenthalt im Wald kann die Konzentration und das Gedächtnis verbessern.

Achtsamkeitstherapeutin Sonja Grossenbacher berichtet von positiven Erfahrungen: «Ich gehe oft mit Menschen in den Wald, die an Depressionen oder einer Angststörung leiden, die in negativen Gedanken gefangen, traurig und kraftlos sind. Durch die Übungen im Wald verlagern sie den Fokus und haben plötzlich wieder positive Gedanken und Gefühle.»

Waldbaden: das Angebot in der Schweiz

Waldbaden kann man selbst praktizieren. Es empfiehlt sich jedoch, zunächst einen Kurs zu besuchen, wie ihn zum Beispiel Sonja Grossenbacher anbietet, um zu erfahren, was Waldbaden ist und welche Möglichkeiten und Achtsamkeitsübungen es gibt.

Hier finden Sie Angebote zum Waldbaden:

  • Geben Sie auf www.myswitzerland.com im Suchfenster ‘Waldbaden’ ein, dann finden Sie zahlreiche Angebote in allen Teilen der Schweiz.
  • Auf der Website des Waldbaden Institut Schweiz finden Sie Kurse, Waldbaden Weekends oder Ausbildungsangebote: https://achtsamkeitimwald.ch/
  • Literaturtipp:

Robert Gallmann, Yoshifumi Miyazaki: Waldbaden. Wanderungen zu Kraftorten im Kanton Bern.

Robert Gallmann, Yoshifumi Miyazaki: Waldbaden. Wanderungen zu Kraftorten im Kanton Zürich.