Was ist Waldbaden genau?
Der Begriff «Waldbaden» hat nichts mit Baden in einem Bächlein zu tun. Es geht um das bewusste Eintauchen in die einzigartige Atmosphäre des Waldes – und das mit all unseren Sinnen. Ziel ist es, dass wir uns entspannen, den Fokus wechseln und mehr Wohlbefinden mit nach Hause nehmen.
Wer hat das Waldbaden erfunden?
Ursprünglich kommt das Waldbaden aus Japan, dort heisst es «Shinrin Yoku». Es wird dort schon seit 30 Jahren praktiziert und sogar ärztlich verschrieben.
Wie gesund ist Waldbaden?
In Japan wurden zahlreiche Studien zur positiven Heilwirkung des Waldes veröffentlicht. Mittlerweile forschen auch andere Länder dazu. Zum Beispiel Deutschland, Schweden, USA oder Neuseeland.
Ist Waldbaden etwas Esoterisches?
Nein, es geht darum, die Natur wahrzunehmen und unsere Alltagssorgen hinter uns zu lassen. Durch das Achtsamkeitstraining im Wald taucht man in eine andere Welt ein. Mal abzuschalten, das ist im normalen Alltag oft schwierig. Im Wald hingegen gelingt das viel besser.
Wenn ich ein Waldbad nehmen möchte – wie gehe ich da am besten vor?
Öffnen und nutzen Sie all Ihre Sinne. Fragen Sie sich: Was rieche ich? Was höre ich? Wie fühlt sich die Rinde des Baumes an? Und: Was löst das in mir aus? Wie fühle ich mich dabei?
Was gibt es für Übungen für das Waldbaden?
Sie können sich auf einen Baumstamm setzen, die Augen schliessen und mal fünf Minuten der Natur zuhören. Sie werden Geräusche wahrnehmen, die Sie zuvor überhört haben. Oder: Ziehen Sie die Schuhe aus und laufen Sie barfuss über das Moos, das ist ein tolles Gefühl.
Der Wald bringt unser vegetatives Nervensystem ins Gleichgewicht.
Was passiert bei diesen Achtsamkeitsübungen in unserem Körper?
Unser Parasympathikus wird aktiviert, der Nerv der Ruhe. Er bringt unser vegetatives Nervensystem ins Gleichgewicht. Ausserdem werden Adrenalin und andere Stresshormone abgebaut. Regelmässige Übungen zu Achtsamkeit im Wald helfen zudem, den Blutdruck und den Cholesterin-Spiegel zu senken.
Wie oft sollte man Waldbaden?
Ich empfehle ungefähr dreimal in der Woche eine bis zwei Stunden im Wald zu verbringen.
Wirkt sich das Waldbaden positiv auf die Psyche aus?
Ja, auf jeden Fall. Ich gehe oft mit Menschen in den Wald, die an Depressionen oder einer Angststörung leiden, die in negativen Gedanken gefangen, traurig und kraftlos sind. Durch die Übungen im Wald verlagern sie den Fokus und haben plötzlich wieder positive Gedanken und Gefühle.
Kann man allein Waldbaden – oder sollte man einen Kurs besuchen?
Das Waldbaden kann man selbst praktizieren. Ich empfehle aber, erst einmal einen Kurs zu machen, um zu erfahren, was Waldbaden ist und was es für Möglichkeiten und Achtsamkeitsübungen gibt.
Welche Jahreszeiten eignen sich für das Waldbaden?
Jede Jahreszeit ist spannend. Im Winter braucht es vielleicht etwas mehr Überwindung. Wenn man den inneren Schweinehund überwunden hat, ist es aber wunderschön. In den kalten Jahreszeiten ist es im Wald meist ruhiger.
Und wie sieht es mit Frühling, Sommer und Herbst aus?
Da passiert etwas ganz Besonderes: Ätherische Öle schwirren in der Waldluft herum. Darin sind chemische Pflanzenstoffe enthalten – unter anderem sogenannte Terpene. Bei einem längeren Waldspaziergang atmen wir diese Terpene ein. Dadurch vermehren sich die Killerzellen in unserem Blut. Also die Zellen, die entartete Zellen oder von Viren befallene Zellen abtöten. Das kann man sogar im Blut nachweisen. Unser Immunsystem wird gestärkt.
Gibt es Übungen, die auch ohne Wald funktionieren?
Nehmen Sie einen Tannenzweig mit ins Büro. Reiben Sie die kleinen Ästchen und Nadeln aneinander und riechen Sie daran. Das ist erfrischend – und teleportiert Sie fast in den Wald. Oder nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit, um aus dem Fenster schauen und die Natur zu beobachten. Solche kleinen Pausen und Übungen bringen uns wieder ins Hier und Jetzt .
Sonja Grossenbacher ist gebürtige Emmentalerin mit Studium in Wald und Gesundheit, (Sport-)Psychologischer Beratung und Coaching. Sie organisiert und führt diverse Waldbade-Touren, Workshops und Kurse durch.