Die Schweizer Bevölkerung verbringt immer mehr Zeit in der Natur – und vor allem im Wald. Eine Folge: Noch nie wurden dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) so viele Zeckenstiche gemeldet wie im Pandemiejahr 2020. Auch wenn die meisten Zecken harmlos sind, schützt man sich besser. Denn die im Gebüsch lauernden Blutsauger können Bakterien und Viren übertragen, die zum Teil langwierige Erkrankungen auslösen: zum Beispiel Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).
Bei Rötung: Schnelles Handeln minimiert Borreliose-Risiko
Für die Bakterieninfektion Borreliose ist die «Wanderröte» charakteristisch, ein Hautausschlag rund um die Einstichstelle. Sie kann mild verlaufen, Spätfolgen können sich aber auch in Schüben über Monate und Jahre hinziehen. «Herzbeschwerden, Hautprobleme, Gelenkschmerzen, neurologische Ausfälle – die Lebensqualität Betroffener kann massiv leiden», weiss Zeckenexperte Werner Tischhauser. Wichtig sind deshalb eine rasche ärztliche Diagnose und die Therapie mit Antibiotika innerhalb der ersten vier Wochen. Eine Impfung gibt es nicht.
Je länger die Zecke saugt, umso höher ist das Risiko, dass sie Bakterien überträgt. Deshalb sollte man sich selbst und die Kinder nach einem Tag in der Natur gründlich nach Zecken absuchen. «Am besten schon unterwegs beim Picknick mal schauen», rät Werner Tischhauser. «Jede Minute zählt.»
Je länger die Zecke saugt, umso höher ist das Risiko, dass sie Bakterien überträgt.
Zecken-Impfung schützt vor FSME
Bei der durch Viren ausgelösten Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zeigen sich bis zu vier Wochen nach der Infektion oft Beschwerden, die einer Sommergrippe gleichen. Gerade bei Kindern bleibt es meist dabei. 10 Prozent aller Betroffenen ereilt nach einem kurzen, beschwerdefreien Intervall eine heftigere Krankheitsphase mit Fieber, starken Kopf- und Gliederschmerzen sowie neurologischen Störungen. Es sind die Symptome einer Hirn- oder Hirnhautentzündung. Tests können die FSME-Infektion nachweisen. Die gute Nachricht: Es gibt eine Impfung. Das BAG empfiehlt sie für alle Personen ab 6 Jahren, die in einem FSME-Risikogebiet wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten. Die Impfung wird über die Grundversicherung der KPT gedeckt. Die Kantone Genf und Tessin gelten nicht als Risikogebiet. Hier erstatten die KPT Zusatzversicherungen 90 Prozent der Kosten.
Es kann Tage oder gar Wochen dauern, bis Symptome auftreten.
Wann muss ich bei einem Zeckenstich zum Arzt?
Wenn Sie nach einem Zeckenstich grippeähnliche Symptome haben oder Rötungen der Haut rund um den Einstich bemerken, gehen Sie zu einer Ärztin oder einem Arzt. Auch wenn Sie sich in Bezug auf andere Symptome unsicher fühlen, reden Sie besser mit einer Fachperson. Und denken Sie daran:
«50 Prozent aller Zeckenstiche werden nicht entdeckt. Routine-Kontrollen sind der beste Schutz.»
10 häufige Mythen über Zecken: ein Experte klärt auf
Zeckenexperte Werner Tischhauser räumt auf mit Ammenmärchen und Halbwissen – und gibt praktische Tipps.
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Mythos 1: Sie fallen von Bäumen auf ihre Opfer
So hoch können Zecken gar nicht klettern, weil sie sonst austrocknen würden. Sie warten vielmehr im Unterholz oder hohem Gras und lassen sich von Tieren oder Menschen abstreifen. Nicht nur im Wald: 20 Prozent aller gemeldeten Zeckenstiche ereignen sich im Garten.
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Mythos 2: Zecken beissen
Sie beissen nicht, sondern reissen mit ihrem Mundwerkzeug die Haut der Wirte auf, stechen den mit Widerhaken ausgerüsteten Rüssel (Rostrum) hinein und saugen dann Blut. Weil sie mit dem Speichel ein Betäubungsmittel abgeben, spürt man den Stich nicht.
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Mythos 3: Die Zecke mit Öl oder Klebstoff beträufeln
Das ist gar keine gute Idee, solange die Zecke noch in der Haut steckt: Der Blutsauger erstickt zwar daran – gibt im Todeskampf aber noch einmal ordentlich Viren und Bakterien ab.
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Mythos 4: Das Tier gaaanz vorsichtig rausdrehen
Zecken sind keine Schrauben. Sie haben kein Gewinde, mit dem sie sich in uns hineinbohren. Am besten zieht man sie mit einer Pinzette oder einem Zeckenwerkzeug (im Rucksack mitnehmen!) gerade raus. Zur Not auch mit den Fingern, möglichst ohne das Tier zu quetschen. Wie genau, das zeigt ein Video auf der App Zecke.
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Mythos 5: Panik: Oh nein, der Kopf bleibt stecken
Keine Panik, Ihr Körper wird ihn meist problemlos abstossen. Warten Sie mit dem Entfernen der Zecke auf keinen Fall zu, aus Angst, sie nicht vollständig zu erwischen.
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Mythos 6: Zecken sind nur im Frühling und Sommer aktiv
Die Blutsauger schauen nicht auf den Kalender: Sobald es an mehreren Tagen hintereinander 7 Grad Celsius warm oder wärmer ist, werden sie aktiv, in der Regel vom Februar bis Oktober.
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Mythos 7: Infektiöse Zecken gibt es nur in bestimmten Gebieten
Das BAG klassifiziert die gesamte Schweiz als Risikogebiet für Borreliose. Fast das gleiche gilt für FSME: Hier sind einzig die Kantone Genf und Tessin von der FSME-Impfempfehlung ausgenommen. Klar ist aber auch: Oberhalb der Waldgrenze von 1500 bis 2000 Metern sinkt das Risiko eines Zeckenstichs beträchtlich – auch wenn diese Grenze durch den Klimawandel immer weiter nach oben wandert.
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Mythos 8: Hausmittel wirken prima
Schwarzkümmel- oder Kokosöl, Lavendel- oder Nelkenduft: Die Wirksamkeit solcher Hausmittel ist wissenschaftlich nicht bestätigt. Am Ende entscheidet Ihr persönlicher Stoffwechsel darüber, wie attraktiv Sie für die Zecke sind.
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Mythos 9: Insektenschutz nützt wenig bis nichts
Doch. Sogenannte Repellents können Zecken abschrecken. Weil die Wirkung nach einer Weile nachlässt, müssen Sie die Anwendung wiederholen. Besprühen Sie nackte Körperstellen und die ersten paar Zentimeter unter der Kleidung.
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Mythos 10: Helle Kleidung hält Zecken ab
Das nicht, aber: Auf ihr erkennen Sie Zecken schneller. Am besten tragen Sie dicht schliessende Kleider mit langen Ärmeln und Hosenbeinen. Und auch wenn es nicht schick ist: Stopfen Sie die Hosen in die Socken, wenn Sie befestigte Wanderwege verlassen.
Unterwegs informiert und geschützt
Wie schütze ich mich effektiv vor Zecken, was kann ich bei einem Stich tun? Antworten liefert die kostenlose Präventions-App «Zecke», mit der Sie alle Informationen und hilfreiche Tipps auch auf Ausflügen bei sich haben.