Die Natur bei einem Bad im See zu geniessen, durch die kühle Aare zu treiben oder mit den Kindern in der Badi zu planschen: herrlich. Welche Baderegeln sollten Sie beachten, damit es ein unbeschwerter, sicherer Badespass bleibt?
Christoph Merki ist Mediensprecher bei der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG.
Stimmt die alte Baderegel, dass man nicht direkt nach dem Essen baden gehen soll?
Früher hiess es: zwei Stunden warten. Aber da ist einfach gesunder Menschenverstand gefragt. Ein üppiges, schweres Mahl beansprucht vom Körper mehr Energie für die Verdauung – ein Sandwich etwas weniger. Die Pause sollte daher dem Umfang des Essens angepasst werden. Vor allem ist es auch nicht klug, mit völlig leerem Magen zu schwimmen. Was man vor dem Schwimmen nie tun sollte: Alkohol trinken, kiffen oder sonstige Drogen konsumieren. Das ist eine der wichtigen Baderegeln der SLRG.
Ob beim Rheinschwimmen oder beim Bad im Thunersee: Wie gewöhnt man sich am besten ans kalte Wasser?
Es ist sicherer, erst die Füsse, Hände und Arme ins Wasser zu tauchen. Oder vorher kühl zu duschen. Wenn man direkt ins kalte Wasser springt, kann es zu unerwünschten Reaktionen wie Atemnot oder Krämpfen kommen – ist das Wasser sehr kalt, schlimmstenfalls zum Herzstillstand. Am besten auch nicht zu lang im kalten Wasser bleiben, um nicht zu unterkühlen.
Wie unterscheidet sich das Schwimmen im offenen Gewässer von dem in der Badi?
Im Schwimmbad schwimmt man in einer kontrollierten Umgebung. Das Wasser ist ruhig, die Temperatur konstant, es gibt keine Wellen. In Seen, Flüssen oder im Meer können Strömungen, ein schlammiger Untergrund, Algen oder Lebewesen im Wasser irritieren. Für eine gute Wassersicherheitskompetenz empfiehlt es sich deshalb, Erfahrungen in unterschiedlichen Gewässern zu sammeln. Die SLRG bietet hier interessante Kursmodule auch im offenen Gewässer an.
Nie allein in offenen Gewässern schwimmen, auch wenn Sie noch so gut trainiert sind.
Ihr wichtigster Tipp in Bezug auf sicheres Schwimmen in offenen Gewässern?
Nie allein schwimmen, auch wenn Sie noch so gut trainiert sind, um im Notfall Hilfe zu haben. Wann immer möglich eine Auftriebshilfe mitführen. Und ganz klar gilt es natürlich, das Wetter zu beobachten.
Wenn ein Gewitter aufzieht, also sofort raus aus dem Wasser.
Ja – Blitzstrom verteilt sich schnell über grosse Flächen, kann beim Menschen im Wasser einen Schock auslösen und zum Ertrinken führen.
Schwimmen im Fluss: Was ist zu beachten?
Bevor Sie ins Wasser gehen, erkunden Sie den Fluss gründlich. Laufen Sie ihn ab. Achten Sie auf potenzielle Gefahren wie Wasserwalzen, Holzpfähle, Untiefen und den aktuellen Wasserstand. Identifizieren Sie sichere Ausstiegspunkte. Verzichten Sie bei trübem Wasser auf das Bad – Treibgut wie Baumstämme stellen eine grosse Gefahr dar.
Und beim Schwimmen im See und im Meer?
Bei beiden gilt: Informieren Sie sich. Achten Sie auf Warnschilder. Beim Baden im See und besonders beim Durchschwimmen nicht die Distanz unterschätzen – und sich selbst und die eigene Ausdauer nicht überschätzen. Achten Sie auf Wasserfahrzeuge und nehmen sie eine Auftriebshilfe mit. Machen Sie sich gut sichtbar: zum Beispiel mit einer farbigen Badekappe.
Beim Schwimmen im Meer nutzen Sie am besten nur überwachte Bereiche, in denen Rettungsschwimmer anwesend sind. Geraten Sie in sogenannte Rip Currents – starke Strömungen, die vom Strand hinaus ins offene Meer führen – schwimmen Sie seitlich heraus und versuchen Sie nicht, geradewegs an die Küste zu gelangen.
Auftriebshilfen sollten so selbstverständlich werden wie der Skihelm.
Können Auftriebshilfe wie Einhorn, Flamingo und Co. die Sicherheit beim Schwimmen verbessern?
Das ist Spielzeug – und trägt nicht zur Sicherheit bei. Als Auftriebshilfe sind zum Beispiel Schwimmbojen empfehlenswert, die sich im Notfall lösen, wenn sie hängenbleiben. Laut einer aktuellen Studie sind in offenen Gewässern zurzeit etwa 50 Prozent der Schwimmenden mit Auftriebshilfen unterwegs. Es wäre schön, wenn das so selbstverständlich werden würde wie das Tragen eines Skihelms.
Was tun, wenn die Kraft nachlässt und das Ufer weit weg ist?
Bewahren Sie Ruhe und verfallen Sie nicht in Panik. Schauen Sie sich um und suchen Sie Hilfe bei anderen Personen oder Wasserfahrzeugen in der Nähe. Halten sie sich am Auftriebsmittel fest oder legen Sie sich auf den Rücken, um Kraft zu sparen. Machen sie sich bemerkbar und rufen Sie laut um Hilfe. Ideal ist es, wenn man eine Pfeife dabeihat, um auf sich aufmerksam zu machen.
Wie sollte man reagieren, wenn man sieht, dass jemand in Gefahr ist?
Versuchen Sie, die Person vom Ufer aus zu beruhigen und alarmieren Sie sofort professionelle Rettungskräfte, zum Beispiel über die Notrufnummer 117 oder 144. Nutzen Sie verfügbare Hilfsmittel wie Rettungsringe, eine Stange oder einen langen Ast, um Unterstützung zu bieten. Im Notfall kann auch eine PET-Flasche helfen, die betroffene Person über Wasser zu halten. Gehen Sie nur selbst ins Wasser, wenn Sie ein geübter Schwimmer sind, für Sie keine unmittelbare Gefahr besteht und Sie sich diese Aktion zutrauen.
In den letzten Jahren verzeichneten wir durchschnittlich 47 Fälle von tödlichem Ertrinken pro Jahr, wobei der Trend leicht nach oben geht.
Wie viele Menschen ertrinken pro Jahr in der Schweiz?
In den letzten Jahren verzeichneten wir durchschnittlich 47 Fälle von tödlichem Ertrinken pro Jahr, wobei der Trend leicht nach oben geht. 95 Prozent der Todesfälle ereignen sich in offenen Gewässern. Wir sprechen übrigens auch von Ertrinken, wenn eine Person nach dem Einatmen von Wasser gerettet wird, denn in unserem Verständnis ist Ertrinken ein Prozess, nicht ein Zustand. In diesem Fall – vor allem bei Kindern – ist es wichtig, die gerettete Person auch Stunden danach noch zu beobachten: Treten Symptome wie Husten, blaue Lippen oder Atemnot auf, könnte noch Wasser in der Lunge sein. In diesem Fall ist sofort ärztlicher Rat einzuholen.
Warum ist bei Kindern die Gefahr des Ertrinkens besonders hoch?
Bei Kindern spielt die Zeit eine enorme Rolle: Ertrinken kann innerhalb von 20 Sekunden geschehen. Gerade kleine Kinder haben einen im Verhältnis zum Körper schweren Kopf, den sie nur schwer über Wasser halten können, wenn sie nach vorne kippen. Sie können schon bei einer Wasserhöhe von 5 Zentimetern ertrinken. Die Reflexe sind noch nicht ausgeprägt, sie begreifen nicht, dass sie in Gefahr sind. Sie zappeln auch nicht panisch herum, sondern ertrinken still und ohne merkliche Bewegungen.
9 Tipps zur Sicherheit von Kindern am und im Wasser
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In Griffnähe bleiben
Kinder sollen im Wasser immer begleitet werden. Kleinkinder müssen in Griffnähe beaufsichtigt werden. Bleiben Sie deshalb immer in der Nähe Ihrer Kinder, damit sie im Notfall rasch reagieren können und das Kind aus einer misslichen oder sogar einer Notlage retten können.
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Pausenlos beobachten
Achten Sie ständig aufmerksam auf Ihre Kinder: Selbst kurze Ablenkungen können zu gefährlichen Situationen führen. Vermeiden Sie intensive Gespräche oder das Lesen auf dem Smartphone, während Ihre Kinder im Wasser sind.
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Konstant begleiten
Stehen Sie bei Rutschbahnen oder ähnlichen Einrichtungen beim oder sogar im Auffangbecken, um im Notfall schnell eingreifen zu können. Auf grösseren Rutschbahnen sollten kleine Kinder nur in Begleitung eines Erwachsenen rutschen.
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Klare Verantwortung bei der Aufsicht
Treffen Sie klare Absprachen darüber, wer die Aufsicht übernimmt, um Missverständnisse zu vermeiden. Wenn Sie allein mit Ihren Kindern in der Badi sind, sollten Sie sich ganz auf Ihre Kinder konzentrieren
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Geschwister sind keine Aufsichtspersonen
Übertragen Sie nicht zu früh die Verantwortung für die Kleinen auf ältere Geschwister: Kinder unter zehn Jahren können oft noch nicht die Konsequenzen ihrer Handlungen einschätzen – weder im noch neben dem Wasser.
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Schwimmhilfen sind keine Sicherheit
Schwimmhilfen wie Schwimmflügel, Schwimmring oder Schwimmgürtel ersetzen nicht die persönliche Aufsicht. Sie bieten keine Sicherheit vor dem Ertrinken. Flügeli können beim Sprung ins oder durch die Bewegungen im Wasser abrutschen, Nähte platzen oder Ventile sich öffnen. Die SLRG empfiehlt, kleinen Kindern eine Schwimmweste anzuziehen.
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Schwimmen lernen rettet Leben
Melden Sie Ihre Kinder frühzeitig zu Schwimm- oder Wasserkompetenzkursen an, etwa ab dem 4. oder 5. Lebensjahr. Wasserkompetenzen zu erlernen, bedeutet nicht nur, sich Schwimmtechniken anzueignen, sondern die Kinder zu befähigen, auch bei unbeabsichtigtem Hineinfallen, Mund und Nase über Wasser zu halten oder sogar sich selbst in Sicherheit zu bringen und dadurch zu überleben.
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Wasser-Sicherheits-Check
Die SLRG empfiehlt den Wasser-Sicherheits-Check (WSC) für Kinder, der prüft, ob sich Kinder bei einem unerwarteten Sturz ins Wasser selbst ans Ufer oder den Beckenrand retten können.
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Schwimmwesten auf offenen Gewässern
Wenn Sie mit Ihren Kindern auf offenes Gewässer gehen, wie zum Beispiel auf einem Boot, legen Sie ihnen zwingend Rettungswesten an.
Sicheres Schwimmen und Baden
Einen sicheren Badespass am, im und auf dem Wasser: Den wünschen wir uns alle. Unfälle lassen sich häufig leicht vermeiden – wenn sich alle an einige einfache Regeln halten.