PD Dr. med. Claudia Rauh ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie leitet das interdisziplinär arbeitende, zertifizierte Brustzentrum des Inselspitals Bern.
In der Schweiz erkrankt jede achte Frau in ihrem Leben an Brustkrebs, der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen. PD Dr. Claudia Rauh ist täglich mit der Krankheit konfrontiert. Sie leitet das interdisziplinäre Brustzentrum am Berner Inselspital. «Unsere Abteilung kommt pro Jahr auf mehr als 5500 Konsultationen – und etwa 150 Frauen und Männer erhalten neu die Diagnose Brustkrebs», sagt sie. Männer? Ja, auch die können an Brustkrebs erkranken: Auf schweizweit 6500 Fälle bei Frauen kommen pro Jahr allerdings nur 50 bei Männern.
Was ist Brustkrebs und wie entsteht er?
Brustkrebs, in der medizinischen Fachsprache auch Mammakarzinom genannt, ist eine bösartige Krebserkrankung des Brustgewebes. Der Ursprung liegt im Drüsengewebe oder in den Milchgängen der Brust, wo Zellen sich unkontrolliert vermehren und einen Tumor bilden. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Brustkrebsarten. Tumore können örtlich beschränkt bleiben, aber bei Fortschreiten der Erkrankung in anderen Körperteilen Metastasen bilden.
Risikofaktoren für Brustkrebs: Hormone, Alter und Lebensstil
Bei Frauen steigt das Risiko, zu erkranken, mit dem Alter an, am stärksten zwischen 50 und 75 Jahren. Ein ungesunder Lebensstil kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an Brustkrebs zu erkranken. «Aber selbst, wenn Sie alle Risikofaktoren vermeiden, kann es Sie treffen», sagt Claudia Rauh.
Die Gene spielen nur bei 10 Prozent eine Rolle
Eine Rolle spielt die familiär-genetische Veranlagung. Hier hat Angelina Jolie, die sich wegen eines stark erhöhten Brustkrebs-Risikos die Brüste vorsorglich abnehmen liess, für Schlagzeilen gesorgt. «Dieser genetische Aspekt betrifft jedoch nur etwa 10 Prozent der Brustkrebsfälle», weiss Claudia Rauh. Tritt Brust- oder Eierstockkrebs in der nahen Verwandtschaft (zum Beispiel bei Mutter, Schwester oder Tochter) auf, sollten Frauen die Gynäkologin oder den Gynäkologen ansprechen.
«Bei der Selbstuntersuchung – am besten nach der Periode – ist es wichtig, die Sinne einzubeziehen.»
Die Brust abtasten: Symptome früh erkennen
Was bringt es Frauen, sich regelmässig abzutasten? «Die Selbstuntersuchung der Brust hat einen positiven Einfluss auf die Sensibilisierung für den eigenen Körper», meint Claudia Rauh – solange dabei nicht ängstlich nach Anzeichen von Krebs gesucht werde. «Bei der Selbstuntersuchung – am besten nach der Periode – ist es wichtig, alle Sinne einzubeziehen. Betrachten Sie die Brust auch im Spiegel, um Formveränderungen, Verfärbungen, Einziehungen des Gewebes oder Sekretionen aus der Brustwarze zu bemerken.»
Überlebenschancen bei Brustkrebs immer besser
«Je früher man Brustkrebs erkennt, umso besser die Prognose. Die Diagnose stellt heute kein Todesurteil mehr dar» sagt Claudia Rauh. «88 Prozent der erkrankten Frauen sind fünf Jahre nach der Diagnose noch am Leben». Und bei etwa 80 Prozent der Frauen kann die Brust erhalten werden. Diese positive Entwicklung sei auf ein vertieftes Verständnis der Krankheit und die Entwicklung immer zielgerichteterer Therapien zurückzuführen.
In zertifizierten Brustzentren entwickeln interdisziplinäre Teams Therapieempfehlungen nach höchsten Standards. «Es ist uns dabei ein Anliegen, die Patientin so gut mit Informationen zu versorgen, dass sie selbstbestimmt Entscheidungen treffen kann», sagt Claudia Rauh. «Ihr Wohlergehen steht im Mittelpunkt und trägt massgeblich zum Therapieerfolg bei.»
«Gehen Sie zum Mammografie-Screening!»
Frauen ab 50 werden in vielen Kantonen durch das kantonale Screening alle zwei Jahre zur Mammographie aufgeboten. Durch diese Röntgenuntersuchung der Brust können sehr kleine Tumore entdeckt werden, besonders wichtig bei Frauen ohne Symptome. «Gehen Sie zur Früherkennung!», das ist deshalb das wichtigste Anliegen der Ärztin.
Pilotprojekt: blinde Frauen tasten genau
Die Organisation Discovering Hands nutzt den ausgeprägten Tastsinn sehbehinderter und blinder Frauen für die Brustkrebs-Früherkennung. Studien in Deutschland belegen, dass sie 30 Prozent mehr Gewebeveränderungen erfühlen als Ärzte bei Routineuntersuchungen. In der Schweiz führt der Verein pretac+ die Methode ein, aktuell im Rahmen eines Pilotprojekts in der Region Lausanne.
Gesundheitscheck und Vorsorgeuntersuchung
Mit Vorsorgeuntersuchungen lassen sich viele Krankheiten frühzeitig erkennen. Wer Wert auf regelmässige Gesundheits-Check-Ups legt, profitiert mit der ambulanten Zusatzversicherung Pulse von grosszügigen Beiträgen an Vorsorgeuntersuchungen, die nicht von der Grundversicherung übernommen werden.