Fasten: Keine moderne Erfindung
Das Fasten liegt immer mal wieder im Trend, vor allem in der ersten Jahreshälfte. Eine moderne Erfindung ist es aber nicht: So wird seit Jahrhunderten im Islam im Fastenmonat Ramadan erst nach Sonnenuntergang getrunken und gegessen. Als christliche Fastenzeit gelten die – weniger streng geregelten und beachteten – sieben Wochen von Aschermittwoch bis Ostern. «Heute steht beim Fasten aber weniger die spirituelle Erfahrung als die Idee eines Entgiftens und Entschlackens im Vordergrund», sagt Präventivmediziner und Ernährungswissenschaftler Dr. David Fäh.
«Heute steht beim Fasten weniger die spirituelle Erfahrung als die Idee eines Entgiftens und Entschlackens im Vordergrund.»
Das Abnehmen sollte nicht Hauptmotivation sein
In spezialisierten Kliniken kann man ärztlich begleitet zwei bis vier Wochen fasten. Wer es allein versucht, nimmt etwa eine Woche lang statt fester Nahrung nur Tee, Bouillon oder stark verdünnte Säfte zu sich. «Grundsätzlich kann jeder fasten, der gesund und nicht untergewichtig ist», sagt David Fäh. «Wer an Diabetes leidet oder Medikamente einnimmt, muss sich jedoch ärztlich beraten lassen.» Zudem sollte beim Fasten nie die Gewichtsabnahme im Vordergrund stehen: Verlorene Pfunde kämen schnell zurück, wenn nach dem Fasten weitergegessen werde wie zuvor.
Ist Fasten gesund?
Welchen Gesundheitseffekt hat der Kalorienentzug? Wunder dürfe man nicht erwarten, meint der Experte. Aber: «Neuere Studien zeigen, dass die Zellen eine Art Frühjahrsputz vornehmen, wenn sie keine Nährstoffe zugeführt bekommen. Sie bauen nicht mehr benötigte Zellteile ab. Diese ‚Autophagie’ verlängert die Lebensdauer der Zellen.»
Es sei aber nicht bewiesen, dass dieser Prozess beim Menschen krankheitsvorbeugend, das Immunsystem stärkend oder lebensverlängernd wirke, sagt David Fäh. «Da fehlen Langzeitstudien. Leider gibt es gerade im Ernährungsbereich viel Halbwissen und wenig Evidenz.»
Der Körper entgiftet sich von selbst
Und was ist dran an Begriffen wie Entschlackung oder Entgiftung? David Fäh: «‚Schlacken’» im Sinne von toxischen Substanzen, die im Körper anfallen, gibt es nicht. Ein gesunder Körper entgiftet sich von allein, indem er unerwünschte Stoffe über Leber, Galle, Niere oder den Darm um- oder abbaut und ausscheidet. Ein Beispiel dafür ist Alkohol.» Tatsächlich aber könne der Verzicht auf Kalorien den Fettgehalt in den Leberzellen reduzieren, was den Entzündungszustand im Körper und die Wirksamkeit von Insulin positiv beeinflusse.
Heilfasten als Selbstversuch
Interessant sei das Heilfasten allemal. «Man beginnt eigene Ernährungsroutinen zu hinterfragen. Wer eine Woche lang nicht isst, schärft die Sinne – allein schon dadurch, dass der Körper nicht mit der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Nahrung beschäftigt ist. Auch die Geschmacksnerven werden sensibilisiert», weiss David Fäh.
Er empfiehlt dabei eine Auszeit vom Alltag in anderer Umgebung und die Kombination mit Meditation oder Spaziergängen in der Natur. «Am besten nutzt man diese Zeit, um für Stressfaktoren aufmerksam zu werden und festzustellen, mit welchem Essverhalten man andere Bedürfnisse kompensiert.»
«Wer eine Woche lang nicht isst, schärft die Sinne – allein schon dadurch, dass der Körper nicht mit der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Nahrung beschäftigt ist. Auch die Geschmacksnerven werden sensibilisiert.
Intervallfasten als Alternative
Wer seinem Körper Pausen gönnen und nebenbei ein wenig abnehmen will, könne auch auf das intermittierende Fasten setzen. Dabei ruht die Verdauung beispielsweise für 16 Stunden und man isst nur in einem Zeitfenster von täglich 8 Stunden, indem man das Frühstück oder Abendessen auslässt.
Sich ausgewogen ernähren und bewegen
Besser und nachhaltiger für die Gesundheit als jede Fastenkur sei eine vielseitige, ausgewogene Ernährung mit wenig verarbeiteten Lebensmitteln, findet der Arzt. «Und gar nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung von Sport und regelmässiger Bewegung im Alltag, das belegen zahlreiche Studien.»
Winter-Serie zum Immunsystem
Dies ist Teil 4 unserer Serie zum Immunsystem.
Im Teil 1 «Wie die Stimmung das Immunsystem stärken kann» , erklärt Psychoneuroimmunologie Dr. Samuel Gehrke, wie Psyche und Abwehrkräfte zusammenhängen.
Lesen Sie in Teil 2 «Mit Wintersport zu einem starken Immunsystem », wie gut Bewegung dem Immunsystem tut: Darin geben Ex-Skiprofi Didier Plaschy sowie Fitnessexperte und Ernährungsberater Savo Hertig praktische Tipps für sportliche Winteraktivitäten mit Spass. Auch für Neulinge und für kleines Budget. In Teil 3 «Natürliche Helfer: adaptogene Heilpflanzen für ein starkes Immunsystem» stellt Drogistin Andrea Nyfeler Adaptogene fürs Immunsystem vor, die in den Wintermonaten stärkend und ausgleichend wirken.