Joachim Mertens

Dr. med. Joachim Mertens ist Facharzt für Gastroenterologie (Magen-Darm-Erkrankungen) mit Schwerpunkt Hepatologie (Lebererkrankungen) und für Allgemeine Innere Medizin am Gastrozentrum der Klinik Hirslanden in Zürich.

Was ist das Mikrobiom?

Das Mikrobiom ist ein komplexes Ökosystem von Mikroorganismen, die auf und in uns leben. Vor allem Billionen von Bakterien, aber auch Viren, Pilze und andere Mikroben leben in einer symbiotischen Gemeinschaft zusammen und tun viel Gutes für uns. «Das Mikrobiom eines jeden Menschen ist so einzigartig wie sein Fingerabdruck und seine Iris. Es macht etwa eineinhalb bis zwei Kilogramm des Körpergewichts aus», sagt Joachim Mertens. 

 

«Das Mikrobiom eines jeden Menschen ist so einzigartig wie sein Fingerabdruck und seine Iris. Es macht etwa eineinhalb bis zwei Kilogramm des Körpergewichts aus»

Jede Körperfläche, die mit der Aussenwelt in Kontakt kommt, ist von Mikroorganismen besiedelt: die Haut und die Schleimhäute von Mund, Rachen, Nase und Genitalien. Die meisten Mikroben leben jedoch im Darm. Früher nannte man sie Darmflora, heute spricht man von Mikrobiom, was so viel wie «kleinste Lebewesen» bedeutet. 

Das Darm-Mikrobiom wird von genetischen Faktoren, der Umwelt und dem Lebensstil beeinflusst. «Erst in den letzten Jahren haben wir erkannt, wie wichtig seine Zusammensetzung für die Gesundheit oder die Entstehung von Krankheiten ist», erklärt Joachim Mertens. «Zum Teil ist das Mikrobiom vorgegeben, aber wir können es auch beeinflussen – vor allem über die Ernährung, die sowohl positive als auch negative Effekte haben kann.» 

Aufgaben des Mikrobioms

Zu den wichtigen Aufgaben des Mikrobioms zählen: 

  • Verdauung: Mikroorganismen im Darm spalten und verwerten Nahrungsbestandteile, die der Körper allein nicht verarbeiten und aufnehmen könnte. 
  • Immunsystem: Die Mikroorganismen unterstützen und trainieren das Immunsystem, indem sie Krankheitserreger verdrängen und Giftstoffe bekämpfen. 
  • Nährstoffversorgung: Das Mikrobiom produziert Vitamine und versorgt den Körper so mit wichtigen Nährstoffen.  
  • Stoffwechsel und Hormonregulation: Ein gesundes Mikrobiom kann den Stoffwechsel und die Hormonregulation positiv beeinflussen. So trägt es zur Stabilität des Körpergewichts und des Blutzuckerspiegels bei. 
  • Darm-Hirn-Achse: Über die Verbindung zum Gehirn wirkt sich ein ausgewogenes Mikrobiom positiv auf unsere Stimmung und unser psychisches Wohlbefinden aus. 

Darm-Mikrobiom und Immunsystem

Das Mikrobiom spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit. «Ein gesundes und intaktes Mikrobiom zeichnet sich durch Vielfalt und Ausgewogenheit aus, wodurch es uns widerstandsfähig gegen äussere Einflüsse macht und unser Immunsystem stärkt», sagt Joachim Mertens. 

Die Mikroorganismen bekämpfen Krankheitserreger und Giftstoffe. Dazu stehen Immunsystem und Mikrobiom in konstanter Interaktion miteinander und beeinflussen sich wechselseitig. Das Mikrobiom «trainiert» quasi die Immunzellen von klein auf und hilft, Erkrankungen zu verhindern. Das Immunsystem hat neben Abwehrfunktion auch die Aufgabe, unseren Körper mit all seinen Mikroben im Gleichgewicht zu halten. 

«Ein gesundes und intaktes Mikrobiom zeichnet sich durch Vielfalt und Ausgewogenheit aus, wodurch es uns widerstandsfähig macht und unser Immunsystem stärkt»

Mikrobiom und Ernährung

«Die Ernährung hat den grössten Einfluss auf das Mikrobiom und damit auf die Darmgesundheit», sagt Joachim Mertens. Ein gesunder Darm hat viele positive Effekte auf den gesamten Körper und kann das allgemeine Wohlbefinden steigern. Dies sind die wichtigsten Aspekte einer darmgesunden Ernährung:

Pflanzenbasiert essen

Vollkorngetreide, Früchte und Gemüse, aber auch Nüsse, Samen und Kerne sollten die Basis der Ernährung bilden. Sie fördern ein vielfältiges Mikrobiom. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte pro Tag. Wenig Fleisch und Milchprodukte konsumieren. 

Präbiotika: Ballaststoffe satt

Diese unverdaulichen Ballaststoffe dienen den nützlichen Bakterienstämmen als Nahrung und unterstützen so das Mikrobiom. Wurzelgemüse, Zwiebelgewächse, Hülsenfrüchte und stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis oder Getreide sind reich an Präbiotika. 

Probiotika stärken das Mikrobiom

Lebensmittel, die lebende Kulturen von Mikroorganismen enthalten, können helfen, das Mikrobiom im Gleichgewicht zu halten. Probiotika finden sich in fermentierten Lebensmitteln wie Kimchi, Joghurt, Sauerkraut oder Kefir. 

Essenzielle Fettsäuren: wichtig für den Darm

Die Aufnahme von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sowie von ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen trägt zur Gesundheit des Darm-Mikrobioms bei.

Flüssigkeit: Ausreichend trinken

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist für eine gute Verdauung unerlässlich. Wasser hilft, die Nährstoffe durch den Verdauungstrakt zu transportieren.

Reduzieren: Zucker & Co.

Zucker, leere Kohlenhydrate aus Weissbrot und Weizen-Teigwaren sowie Alkohol stören das Gleichgewicht im Darm. Auch Antibiotika schaden dem Mikrobiom und sollten nur nach ärztlicher Anweisung eingenommen werden. 

Verzichten: Bye-bye Fastfood

Verarbeitete Lebensmittel, Fertiggerichte und Fast Food besser vermeiden. Sie führen zu einem verarmten Mikrobiom und können die Darmgesundheit erheblich beeinträchtigen. 

Esspausen: Ruhe für den Darm

Ein gesunder Darm braucht Ruhepausen. Zwischen den Hauptmahlzeiten wird eine Essenspause von vier Stunden und in der Nacht von zwölf Stunden empfohlen.

Das Mikrobiom stärken durch einen gesunden Lebensstil

Ein gesundes Mikrobiom lässt sich durch eine ausgewogene Ernährung, regelmässige Bewegung und gezielte Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation fördern. Auch Stressabbau, guter Schlaf und Vorsorgeuntersuchungen wie Darmspiegelungen oder Stuhlbluttests spielen eine entscheidende Rolle für die Darmgesundheit.

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Mikrobiom und Krankheiten

Das Mikrobiom hat eine Schlüsselfunktion bei der Abwehr und Entstehung von Krankheiten. Dabei spielt die Zusammensetzung des Mikrobioms aus gesundheitsfördernden und schädlichen Bakterien eine zentrale Rolle. «Es gibt nachgewiesene Effekte des Darm-Mikrobioms auf verschiedene Erkrankungen, wenn über einen längeren Zeitraum eine Dysbiose, also ein Ungleichgewicht zugunsten der «schlechten» Bakterien besteht», erklärt Joachim Mertens. 

Die Zusammensetzung der Darmbakterien spielt vor allem bei entzündlichen Darmerkrankungen und Darmkrebs eine entscheidende Rolle. «Einige Coli-Bakterien produzieren Substanzen, die krebsfördernd wirken. Andere Bakterienstämme können bestimmte Immunreaktionen fördern oder hemmen, so dass Immuntherapien gegen Krebs mehr oder weniger gut ansprechen.» 

Für Erkrankungen ausserhalb des Darms sind die Stoffwechselprozesse wichtig, sagt Joachim Mertens: «Fehlen die nützlichen Bakterien, können Vitamine nicht gebildet, wichtige Nährstoffe wie Fettsäuren nicht aufgenommen werden oder es entstehen vermehrt Abbauprodukte, die wiederum Krankheiten wie Diabetes, Autoimmunerkrankungen und Allergien, Arteriosklerose, Herzinfarkt oder rheumatische Erkrankungen begünstigen.»

Studien zeigen, dass ein unausgewogenes Mikrobiom und eine verarmte Bakterienvielfalt im Darm das Risiko für Übergewicht erhöhen. Eine hohe Vielfalt unterstützt hingegen eine effiziente Verdauung und Nährstoffaufnahme.

Bei den psychischen Erkrankungen gibt es einen Zusammenhang mit Botenstoffen wie Serotonin. Ist das Mikrobiom gestört, wird im Darm zu wenig Serotonin gebildet. Die Folge können Unwohlsein, Schlafstörungen, Angstzustände oder depressive Verstimmungen sein. 

Zukünftige Perspektiven der Mikrobiom-Forschung

Die Mikrobiom-Forschung hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren rasant entwickelt. Zahlreiche Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Veränderungen im Darm-Mikrobiom und körperlichen und psychischen Erkrankungen. «Unklar ist bisher jedoch, wie das Mikrobiom von aussen durch Medikamente oder Bakteriencocktails verändert werden kann, um Krankheiten gezielt vorzubeugen oder zu heilen», erklärt Joachim Mertens.

Mit Darmbakterien Krankheiten heilen, das ist die grosse Hoffnung der Wissenschaft. Doch bisher gibt es nur eine konkrete Anwendung mit Bakterien: eine Stuhltransplantation bei einer Darmentzündung, die durch das Bakterium Clostridium difficile nach einer Antibiotikabehandlung verursacht wurde. In den USA wurde kürzlich ein erstes Medikament mit einem Bakterienmix zugelassen, das die Stuhltransplantation ersetzen soll. Weitere bakterielle Medikamente für spezifische Erkrankungen sollen in den nächsten Jahren folgen.

Joachim Mertens resümiert: «Wo wir schon bald anwendbare Erkenntnisse haben werden, sind bestimmte Krebstherapien. Zwei wichtige Studien konnten zeigen, dass eine positive Veränderung des Mikrobioms das Ansprechen auf eine Immuntherapie verbessert.»

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