Detox-Kuren, Apfelessig, Kohlenhydratverzicht am Abend: Rund ums Abnehmen ranken sich zahllose Mythen, die verlockend klingen, wenn wir gefährliches Bauchfett oder lästiges «Hüftgold» loswerden wollen. Wo ist etwas Wahres dran? Was ist Blödsinn? In unserem Mythen-Check räumt der Ernährungswissenschaftler und Präventivmediziner Dr. David Fäh mit Vorurteilen auf und gibt praktische Tipps, wie es gelingen kann, ein gesundes Körpergewicht zu erreichen und zu halten.

David Fäh ist Dozent an der Berner Fachhochschule. Der Ernährungswissenschaftler und Präventivmediziner berät Unternehmen und Privatpersonen und ist Autor zahlreicher Publikationen.

Mythos 1: «Kohlenhydrate machen dick.»

Das stimmt nur, wenn Kohlenhydrate zu einem Energieüberschuss führen. Dieser kann eher entstehen, wenn die Quelle hochverarbeitet ist, z.B. Weissmehlprodukte, manche Zmorgeflöckli, Riegel oder Kartoffelchips. Auch flüssige Kohlenhydrate können Heisshunger und Überkonsum begünstigen, selbst wenn es sich um Fruchtsäfte, Eistee oder Vitaminwasser handelt. Besser sind Linsen, Bohnen, Erbsen, Vollkornreis, Buchweizen oder Quinoa.

Mythos 2: «Am schnellsten bringen es fettarme Diäten.»

Fettarme Diäten führen laut Studien zu moderaten Gewichtsverlusten von 3 bis 6 Kilogramm, sind aber langfristig nicht effektiver als kohlenhydratreduzierte Diäten. Nach fünf Jahren erreichen die meisten Menschen wieder ihr Ausgangsgewicht oder nehmen sogar noch zu. Eine nachhaltigere Alternative ist die mediterrane Ernährung mit gesunden Fetten aus Olivenöl, Nüssen oder Fisch. Der anfängliche Gewichtsverlust ist zwar geringer, hält jedoch länger an und fördert die Gesundheit stärker.

Mythos 3: «Detox-Kuren entschlacken den Körper.»

«Schlacken» gibt es aus medizinischer Sicht nicht. Der Körper entledigt sich auch ohne Kur seiner ausscheidungspflichtigen Substanzen über Leber, Nieren und Darm. Ob ein Stoff giftig ist, hängt von der Dosis ab. Detox-Kuren können zwar bei extremen Diäten dazu führen, dass im Fettgewebe angereicherte Stoffe ausgeschieden werden, diese sind aber nicht zwingend «Toxine».

Mythos 4: «Intervallfasten ist der einfachste Weg – am besten das Frühstück weglassen.»

Intervallfasten führt nicht schneller oder effizienter zur Abnahme als eine kontinuierliche Kalorienreduktion. Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt, wann man isst, sondern am Ende die Gesamtkalorienbilanz. Es gibt auch keine Belege, dass Fasten beim Menschen vor Krankheiten schützt oder das Leben verlängert.

Mythos 5: «Light-Produkte sind ungesund.»

Diese Aussage stimmt so pauschal nicht. Light-Produkte umfassen alles von fettarmer Milch bis hin zu hochverarbeiteten Lebensmitteln mit fragwürdigen Zusatzstoffen, einschliesslich Süssungsmitteln. Wählen Sie Produkte mit möglichst wenig Inhaltsstoffen und achten Sie auf die Verständlichkeit der Begriffe. Empfehlenswerte Light-Produkte sind oft solche, die nicht explizit als solche beworben werden wie Hüttenkäse, Thunfisch (in Wasser), Essiggurken, Sauerkraut oder einfach Hahnenwasser.

Mythos 6: «Ein Glas Apfelessig vor dem Essen wirkt Wunder.»

Studien zeigen, dass Apfelessig tatsächlich beim Abnehmen helfen und den Taillenumfang sowie viszerales Fett reduzieren kann. Auch Risikofaktoren wie ein zu hoher Blutzucker- und Cholesterinspiegel verbessern sich. Eine tägliche Dosis von 15 ml reicht aus. Einziger Nachteil: Apfelessig kann den Zahnschmelz angreifen, deshalb den Mund nach der Einnahme mit Wasser ausspülen.

Mythos 7: «Auf die Reihenfolge kommt es an: Kohlenhydrate immer erst zum Schluss essen.»

Die Reihenfolge der Nahrungsaufnahme spielt bei einer normalen Mahlzeit keine Rolle. Die Nahrung verweilt zunächst im Magen und wird dann portionsweise an den Darm weitergegeben, wo die Nährstoffe aufgenommen werden. Bei einer 20-minütigen Mahlzeit wird ohnehin alles im Magen durchmischt, und es dauert bis zu vier Stunden, bis der Magen zu 90 Prozent entleert ist.

Mythos 8: «Wer morgens herzhaft statt süss frühstückt, hat tagsüber weniger Heisshunger.»

Für manche Menschen stimmt das, andere können durch das Weglassen des Frühstücks ihr Gewicht besser kontrollieren. Studien zeigen, dass Proteine am Morgen besser sättigen als die gleiche Menge am Abend. Wer davon profitieren möchte, sollte Joghurt oder Magerquark ins Müsli geben oder Eier, Käse oder Schinken zum Frühstück essen.

Mythos 9: «Naschen am besten nur direkt nach einer Mahlzeit, aber nicht zwischendurch.»

Naschen sollte man am besten ganz vermeiden, da es meist unbewusst geschieht. Wer sich Süsses gönnen möchte, isst am besten ein Dessert nach der Hauptmahlzeit. Das hat den Vorteil, dass Bauchspeicheldrüse, Leber und der gesamte Stoffwechsel weniger belastet werden. Schliesslich ist der Insulinspiegel beim Essen ohnehin schon erhöht und Blutzuckerspitzen werden vermieden. 

Mythos 10: «Wenn schon Süsses, dann lieber etwas Eiweisshaltiges als leere Kohlenhydrate.»

Es ist sinnvoll, bei Süssem auf einen hohen Eiweissgehalt zu achten, wie er in Milchprodukten enthalten ist. Also lieber zur eiweisshaltigen Glace greifen als zur Tüte Gummibärchen. Der Vorteil ist, dass dem Körper weniger «leere» Kalorien zugeführt werden. Eiweisse verzögern zudem die Magenentleerung, was dazu beiträgt, länger satt zu bleiben und Heisshungerattacken vorzubeugen.

 

Eiweisse verzögern die Magenentleerung, was dazu beiträgt, länger satt zu bleiben und Heisshungerattacken vorzubeugen.

 

Mythos 11: «Nüsse machen schlank.»

Bei Menschen mit Adipositas können Nüsse tatsächlich helfen, etwas an Gewicht zu verlieren. Nüsse haben zwar eine hohe Kaloriendichte, sättigen aber im Gegensatz zu hochverarbeiteten Lebensmitteln sehr gut. Vermutlich nimmt unser Körper auch nicht alle Kalorien auf, die in Nüssen enthalten sind. Aber auch hier gilt natürlich: Es kommt auf die Menge an.

10 Alltagstipps für ein gesundes Gewicht

Ein gesundes Gewicht zu halten, muss nicht kompliziert sein – schon kleine Veränderungen im Alltag können viel bewirken, den Darm in Schwung bringen und sich positiv auf das Mikrobiom auswirken. Mit diesen zehn einfachen, alltagstauglichen Tipps können Sie Ihre Ernährung optimieren und Ihr Wohlbefinden steigern.

  1. Fruchtjoghurt selbst angemacht

    Bereiten Sie Ihren eigenen Joghurt selbst zu, indem Sie zuckerfreien Naturjoghurt, Kefir oder Quark mit klein geschnittenen Lieblingsfrüchten mischen. Für längere Sättigung können Sie Hafer- oder Weizenkleie hinzufügen.

  2. Gesundes Brot mit hohem Faseranteil

    Wählen Sie statt Weissbrot Vollkornbrot mit hohem Ballaststoffgehalt. Ideal sind Brote mit Nüssen, Kernen oder Samen. Roggenbrot ist ebenfalls eine gute Wahl.

  3. Hülsenfrüchte als Snack oder Lunch

    Die grünen Edamame Sojabohnen sind ein gesunder Snack für zwischendurch und oft verzehrfertig erhältlich. Für Zuhause gibt es sie auch tiefgekühlt zum selber dämpfen. Für die Mittagspause am Arbeitsplatz sind abgepackte Linsensalate eine praktische Option.

  4. Früchte statt Marmelade

    Bevorzugen Sie Konfitüren mit einem Fruchtanteil von mindestens 60 Prozent. Alternativ können Sie auch Obstkompott verwenden - das bringt 100 Prozent Frucht aufs Brot.

  5. Snack-Falle im Büro vermeiden

    Bewahren Sie keine Schokolade oder Süssigkeiten am Arbeitsplatz auf. Stattdessen ist eine Mischung aus ungerösteten und ungesalzenen Nüssen eine gesunde Alternative.

  6. Dunkle Schokolade mit Nüssen als Alternative

    Dunkle Nussschokolade enthält weniger Zucker als Milchschokolade. Gleichzeitig erhöhen die Nüsse den Eisweissgehalt und machen den Snack nahrhafter.

  7. Popcorn statt Chips

    Popcorn ist eine ballaststoffreiche Alternative zu Chips und Salzstangen. Fettarme Varianten für die Mikrowelle oder eine Popcornmaschine machen den Snack noch gesünder.

  8. Vorsicht bei «zuckerfreien» Produkten

    Bezeichnungen wie «sugarfree» können täuschen. Zuckeralkohole wie Xylit, Maltit oder Sorbit liefern immer noch 60 Prozent der Kalorien von Zucker. Achten Sie bei Lebensmittelpackungen auf die Kohlenhydrat- und Kalorienangaben.

  9. Proteinreiche Brotaufstriche

    Versuchen Sie, ab und zu auf Butter und Margarine zu verzichten. Magerquark, Frischkäse oder Hummus sind eiweissreiche, kalorienärmere Alternativen, die auch gesunde Fette liefern.

  10. Zähne putzen gegen abendliche Lust auf Süssigkeiten

    Putzen Sie nach dem Abendessen die Zähne. Zahnpasta mit starkem Mentholgeschmack verändert den Geschmack von Süssigkeiten und hilft, der Versuchung zu widerstehen.

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